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Thema: Outing bei den Eltern

Eröffnet am 16.10.2015 um 00:48 Uhr

hummellion
16.10.2015 00:48
Ich spekuliere nun schon seit 4 Jahren, ob ich schwul bin oder nicht, da ich schon immer Jungs attraktiver fand als Mädchen.. Jetzt bin ich 17 und hab einen Jungen kennengelernt, der schwul ist. Wir verstehen uns echt gut und stehen auch aufeinander und haben auch schon rumgemacht unso und es fühlt sich einfach GUT und RICHTIG an! Er ist überall geoutet und nun würde ich mich auch gerne outen, aber ich habe folgendes Problem:
Meine Eltern sind streng gegen Homosexualität und werden oft sogar beleidigend gegenüber von Homosexuellen Paaren, wenn sie diese auf der Straße sehen oder sogar im Fernsehen.
Meine Mutter plant auch schon seit meiner Geburt an meine Hochzeit und hat schon ordentlich viele Hochzeitsgeschenke gesammelt. Ich werde aber nicht der Sohn sein können, den sie gerne hätte, weil ich einfach anders fühle und mich eine Beziehung zu einer Frau einfach nicht glücklich machen würde. Ich würde gerne meinen Freund nach Hause bringen und ihn meinen Eltern vorstellen, aber ich weiss ganz genau, dass es in einer Katastrophe enden würde und ich höchstwahrscheinlich wegen meiner Homosexualität dann vor die Tür geschmissen werde. Ein Outing würde einfach alles kaputt machen.. Ich weiss nicht was ich machen soll.. Früher oder später muss ich es ja sowieso meinen Eltern erzählen! Bitte helft mir!
Holger
Teamer(-in) 16.10.2015 18:07
Hey...

schön, dass Du dich bei B4K gemeldet hast... zu einem sehr wichtigen Thema, das bestimmt Viele bewegt die hier so mitlesen und-schreiben.

Der Wille zum Outing ist ganz sicher der richtige Weg! Und davon solltest Du dich auch nicht abbringen lassen.

Allerdings bringt es für Dich gar nichts, wenn Du dabei den Kontakt zur Familie in Gefahr bringst. Also lass Dir Zeit und bereite diese "Nachricht" gut vor.

Zunächst mal würde ich in einem günstigen Moment (also dann, wenn es gerade mal keine Streitigkeiten gibt und alle guter Laune sind) bei jedem Elternteil getrennt voneinander "vorfühlen", wie sie reagieren könnten. Beispielsweise, indem Du von einem Freund oder Schulkameraden DAS erzählst, was eigentlich auf Dich zutrifft. Oder aber, indem Du das Thema ohne persönlichen Bezug ansprichst (zB "ich hab da eine Reportage im Fernsehen/Radio gehört...").

So wie Du es beschreibst werden sie dann vermutlich ablehnend oder verständnislos reagieren. Frag in diesem Fall einfach mal nach, warum sie Homosexuelle als "Menschen zweiter Klasse" betrachten. Was sie von "Heteros" unterscheidet? Ob sie weniger intelligent, sympathisch oder wertvoll sind? Ob Deine Eltern schon mal so Jemand kennen gelernt haben und ob er/sie anders war als Andere?

Auf diese Weise bekommst Du mehr Infos über die konkrete "Denke" Deiner Family und kannst das auf Deinem eigenen Weg berücksichtigen. Vielleicht auch hier mit uns diskutieren.

Daher möchte ich auch Andere auffordern, hier ihre Erfahrungen einzubringen. Das wäre in jedem Fall super hilfreich!!

Wie würdest Du eigentlich die Reaktion Deiner Freunde einschätzen? Und gibt es im Umfeld Deiner Familie nicht vielleicht doch Jemand, dem Du dich als ersten Schritt anvertrauen könntest? Man soll es nicht glauben... aber manchmal sind es sogar die Großeltern *Zwinkern*

In jedem Fall Kopf hoch (!) und nicht vom Weg abbringen lassen! Wenn Du dir sicher bist ist es der Richtige!!

Viele Grüße,
Holger *Tschüss*

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Holger
Teamer
Beratung4Kids

Nicht zu wissen was los ist, ist manchmal schlimmer als die Wahrheit.
Claus
Teamer(-in) 18.10.2015 13:22
Hallo hummellion,

bin auch Teamer hier und melde mich auf Holgers Aufruf hin.
Auch ich bin homosexuell und habe sehr viel Zeit und Aufwand betrieben um mein Doppelleben aufrecht zu erhalten. Warum?
Ich hatte Angst, dass meine Freunde und Eltern nicht mehr zu mir stehen würden.
Mit 17 Jahren hatte ich Bestätigung, was ich vorher schon ahnte, du bist schwul!
Als es mir bewusst wurde war es ein Schock.

Erst ganze 5-7 Jahre später traute ich mich, langsam guten Freunden davon zu erzählen und erntete "Gott sei Dank" nur Bestätigung. Sie sprachen mir dann Mut zu es meinen Eltern zu erzählen.

Da ich zu meiner Mutter einen "guten Draht" hatte (Vater eh verstorben) sagte ich es ihr in einer ruhigen Minute am Frühstückstisch. Ihre Reaktion hätte ich nicht erwartet, sie meinte nämlich ich würde mich ins Unglück stürzen. Doch war so standhaft um gleich zwei Gegenargumente nennen zu können.

Unglücklich würde ich sein wenn ich einem Mädchen vorspielen würde was ich nicht bin oder sein kann und diese Person damit belügen und auch unglücklich machen würde.

Es dauerte fast ein ganzes Jahr in dem meine Mutter den Zustand verstand und alles realisierte.
Wie ist es denn bei den Eltern von deinem Freund?
Wie haben sie reagiert?
Ich denke sie mögen dich, da du ihren Sohn glücklich machst, sicher würden sie dir auch helfen.

Kein Outing ist gleich bei jedem verläuft es anders.
Doch die richtigen Argumente sprechen für dich und letzten Endes kann der Wunsch deiner Eltern nur sein das du glücklich bist.
Bist du der einzige Sohn in der Familie, vielleicht finden sie es doof keine Enkel zu bekommen.
Vielleicht haben sie sich auch einfach noch nicht mit dem Thema ernsthaft auseinander gesetzt, es ist schneller und einfacher Personengruppen in bestimmte Schubladen zu stecken als sich ernsthaft damit auseinander zu setzen.

Unnatürlich ist es nicht, allein 400 Tierarten haben homosexuelle Verhaltensweisen.
Nur eine Spezies, der Mensch, hat ein Problem damit.
Doch Mitgefühl und Lernen ist eine große Stärke.

Taste dich ran wie Holger es dir beschrieben hat und hole dir auch die Eltern deines Freundes zu Hilfe.
Ansonsten ist Holger ja weiter hier und denke es werden hier noch andere Mut zusprechen wollen.

DU BIST NICHT ALLEIN.

Liebe Grüße
Claus

Zuletzt editiert am: 24.09.2016 00:45, von: Claus


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Claus
Teamer
Beratung4Kids

Herr gib mir die Kraft Dinge zu ändern, zu ertragen Dinge die nicht veränderbar sind hinzunehmen und die Weisheit beides voneinander zu unterscheiden.