Thema: coming out, wann und wie

Hallo joggi,

schön, dass Du Dich mit Deinem Anliegen an uns wendest.

Zunächst einmal möchte ich mich kurz vorstellen: ich bin Harald, bin Teamer bei B4K und kenne Deine Situation (zumindest was das Outing betrifft) aus eigener Erfahrung sehr gut. Und ich hoffe natürlich, Dir ein bisschen weiterhelfen zu können.

Aber erst einmal vorweg - mit dem Outing bei Deinem Vater hast Du ja schon einen großen Schritt gemacht. Und dass er Deinen Freund auch gleich noch akzeptiert hat, ist doch schon mal super.

Und wenn ich Deine Frage richtig verstehe, geht es Dir jetzt darum, wie Du Dich in Deinem Umfeld (insbesondere bei Deinen Nachbarn) am besten outest..

Juni und Jaymes haben Dir dazu ja auch schon zwei Sichtweisen genannt, die beide ihre Berechtigung haben und richtig sein können.

Du solltest in jedem Fall aber berücksichtigen, dass es bei Deinem Outing nicht nur um Dein Outing sondern auch um das Deines Freundes geht - von daher müsst Ihr Euch beide einig sein, wie Ihr das machen wollt.

Der Schritt, sich vor „Fremden“ zu outen ist einer der schwierigsten Schritte im Leben eines Schwulen. Und jeder hat da auch andere Vorstellungen. Du würdest es gern jedem, der Dir irgendwie wichtig ist, sagen; Dein Freund scheint zwar grundsätzlich auch kein Problem mit dem Outing zu haben, würde das aber lieber eher etwas defensiver angehen und nur auf entsprechende „Fragen“ antworten.

Ich kann Dir hier daher weder raten, es so zu machen wie Du es gern machen würdest noch so wie es Dein Freund vorziehen würde. Mit dem Resultat, also der Reaktion Deiner Nachbarn, müsst Ihr dann nämlich klarkommen (und auch wenn Du vermutest, dass die das alle toll finden, kann das natürlich im Einzelfall auch mal anders sein und die Reaktion nicht so sein wie Du sie erwartest).

Von daher solltet Ihr Euch gemeinsam einig sein, wie Ihr vorgeht - und vielleicht ist ja auch eine „Mischung“ der richtige Weg. Jani hat geschrieben „Küsst Euch!“ und Jaymes angedeutet, dass „Händchen halten“ Fragen auslösen könnte.

Vielleicht ist das ja der für Euch passende Weg? Ihr müsst es nicht - wie Du es formuliert hast - als „Eilmeldung“ verkünden, jeder in der Nachbarschaft, der sich für Euch interessiert, wird aber erkennen, dass Ihr mehr seid als Kumpels, wenn Ihr Hand in Hand spazieren geht. Und dann vielleicht auch die Fragen stellen, die Ihr dann entsprechend beantworten könnt …

Ich selbst hatte das bei meinem Outing übrigens ähnlich gemacht - ich hatte mir irgendwann mal ein Schlüsselband in den Regenbogenfarben besorgt und an meinen Schlüsselbund gemacht … und viele haben durchaus erkannt, was das bedeutet und dann auch gefragt. Einer hatte mich sogar besorgt gefragt, ob ich denn überhaupt wisse, was das bedeuten würde und dass man mich daher „versehentlich“ für schwul halten könnte - das war dann eine Steilvorlage fürs Outing: „Wieso versehentlich?“

Aber wie gesagt - die letzte Entscheidung müsst Ihr gemeinsam treffen.

Ich hoffe, diese Gedankengänge helfen Dir (Euch) bei Eurer Entscheidung - und wenn Du noch weitere Anregungen brauchst oder Fragen hast, melde Dich gern wieder, dann überlegen wir gemeinsam weiter.

Ich drücke Dir die Daumen, dass es so läuft wie Ihr Euch das wünscht und würde mich freuen, wenn Du uns mal auf dem Laufenden hältst wie es war - vielleicht helfen Deine Erfahrungen dann ja auch anderen Usern weiter …

Liebe Grüße,
Harald