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Thema: Klarheit über mich selbst.

Eröffnet am 13.05.2018 um 16:27 Uhr

Shero
13.05.2018 16:27
Hey,
Ich hab mich hier registriert, weil mich die Frage quält, ob ich Trans* bin, besser formuliert die Frage: Bin ich ein Junge?
In der zweiten oder dritten Klasse begann es mit Jungenkleidung tragen, kurzen Haaren und den Aussagen ,,ich bin allergisch gegen Pink" und ,,ich will ein Junge sein", meine Eltern ließen mich machen und sprachen mich teilweise auch mit dem von meinen Freunden und mir damals selbst ausgesuchtem Jungennamen an. Im Laufe der Jahre und mit dem Beginn der Pubertät änderte sich mein Verhalten. Ich ließ meine Haare wachsen, nahm ab und kleidete mich zu nehmend feminin. Vor ca. 3 Jahren spielte ich in einem Theaterstück einen Jungen und der Verdacht ,,ich wäre viel lieber ein Junge" begann wieder in meinem Kopf herum zuspuken. In meinem Kopf kämpften seit dem phasenweise und in unterschiedlicher Stärke die Ungewissheit und die Zweifel, ich finde keine klare Antwort.
An manchen Tagen liebe ich es, ein Mädchen zu sein an anderen Tagen hasse ich es. Manchmal mache ich mir wochenlang keine Gedanken und lebe einfach bis dann auf einmal die Gedanken und Fragen wieder zurückkehren. Vor zwei Jahren trieb mich das Hin und Her in meinem Kopf so weit mir spontan meine langen Haare kurz schneiden zu lassen, dieser Schritt verschlimmerte die Verwirrung für einige Wochen bis ich diese ,,Zweifelepisode" wieder nachließ.
Innerhalb dieser zwei Jahre sind zwar meine Haare wieder nach gewachsen, aber die Fragen sind immer noch nicht geklärt. Mir selbst ist aufgefallen, dass ich was Jungen und Männern angeht keine tolerante und wertfreie Einstellung besitze. Ich habe einige echt gute Kumpel aber alles in allem begegne ich Jungen und Männern innerlich sehr ablehnend auch zu meinem Vater habe ich im laufe der Jahre unsere gute Beziehung verloren.
Das ich lesbisch bin, wusste ich schon immer und dies musste ich nie sonderlich hinterfragen, was meine Homosexualität angeht, stehe ich dank der Entwicklung der letzten drei Jahre relativ offen gegenüber und kann auch sagen, dass ich so gut wie komplett geoutet bin. Ich bin mittlerweile soweit mir eingestehen zu können das diese innere Ablehnung so etwas wie Eifersucht sein könnte. Anfangs dachte ich die Eifersucht rühre daher das Jungs und Männer leichteres Spiel bei den Mädchen haben und alle Mädchen, die ich atraktiv finde Hetero zu sein scheinen inzwischen bin ich der Meinung das auch einfach der Neid darauf das sie Jungs bzw. Männer sind eine Option sein könnte.
In einer stärkeren ,,Zweifelepisode" vor einigen Monaten verspürte ich den Wunsch beim Pinkeln stehen bleiben zu können bzw. es fühlte sich falsch an im sitzen zu pinkeln. Seit einigen Wochen kommt hinzu das ich eine immer stärkere Abneigung gegen meine Brüste entwickle, obwohl ich gerade mal die Körbchengröße A besitze, empfinde ich sie als störend und viel zu groß.
Wenn ich so lese was ich geschrieben habe klingt es sehr eindeutig, allerdings gibt es da dennoch diese andere Seite in mir. Die Seite, die es kaum erwarten kann schwanger zu werden, Kinder zu bekommen und eine Familie zu gründen, die Seite in mir, die sich gerne in Schaufensterscheiben spiegelt, weil sie sie es faszinierend findet sich selbst zu beobachten und sich selbst zwischen durch echt schön findet, obwohl ich schon immer stark mit Bodyshaming und Magersucht Gedanken zu kämpfen hatte und der Teil in mir, der immer noch davon überzeugt ist das der Großteil der Männer sexistische Vollidioten sind und die Welt ohne sie besser dran währen.
Ich weiß, dass ich selbst herausfinden muss, wer ich bin und mir das niemand beantworten kann allerdings hoffe ich mir doch mal die Sicht eines Außenstehenden zu erfahren.

liebe Grüße, Shero
Annika
14.05.2018 19:22
Hallo Shero,

Schön, dass du zu uns bei B4K gefunden hast. Sehr mutig dich mit deinem Thema ans uns zu wenden. Mein Name ist Annika und ich versuche dir zu helfen bzw eher dich ein bisschen zum Nachdenken anzuregen.

Dein „Problem“ ist also du bist weiblich geboren, richtig? Aber du fühlst dich in vielen Dingen eher wie ein Junge, aber kannst einige Mädchenhafte Sachen nicht ablegen. Jetzt wunderst du dich, was du bist und wer du bist, passt das so?
Auch beschreibst du, dass du schon immer starke Schwierigkeiten damit hattest und es eine Zeit lang zwar in den Hintergrund gerutscht ist, aber immer präsent ist?

Ich kann deine Verunsicherung sehr gut vestehen!! Ich hatte und habe immernoch Probleme mit meiner eigenen Identität und habe extrem schwankendes Selbstwertgefühl.
Und ich kann nachvollziehen, dass wenn noch diese Unklarheit was man ist hinzukommt, wird es einfach nur noch komplizierter und verwirrender.
Erstmal schön zu hören, dass deine Eltern da ja offenbar mitmachen. Das ist oft das größte Problem, aber hier kling es als würden sie dich auf jedenfall unterstützen, was mich ungemein beruhigt!
Für mich hört es sich bei dir eher so an wie Genderfluid tatsächlich. Heißt, dass man sich mal so mal so fühlt und wahrnimmt. Ich denke du hast recht, wenn du sagst, natürlich muss man das für sich herausfinden, aber ich denke, egal als was du dich empfindest, ob Junge oder Mädchen oder vielleicht beides oder keins von beiden, ganz egal! Es verändert nicht wer du bist und was du magst und was in deinem Inneren stattfindet. Jemand hat mir mal gesagt, nachdem er sich zu einem Mann hat umoperieren lassen. Ich musste erst einen Schwanz bekommen, un zu wissen, dass ich keinen brauche. Das fand ich sehr inspirierend.
Klar, will man gerne Sicherheit haben, was man ist, aber ich denke; Ist es nicht im Grunde egal? Du darfst und hast das Recht alles zu sein und zu tun, was du willst und das unabhängig, ob du dich nun als Junge oder Mädchen fühlst. Du spielst nicht Fußball oder wirst Astronaut, weil du ein Mann oder eine Frau bist, du wirst es weil es dich interessiert. Du bist nicht fasziniert von Schaufenstern, weil du als Mädchen geboren wurdest oder dich mal so mal so fühlst, sondern weil es dein Interesse ist!

Für mich persönlich wäre es erstmal wichtiger herauszufinden, wer ich bin und was ich will, anstatt mich mit der Frage zu beschäftigen, kann ich das und das tun, weil ich ein Mädchen oder Junge bin. Es ist so so wichtig sich selber zu akzeptieren und zu lieben, egal in welchem Körper und für seine Gesundheit (auch Mentale) zu sorgen. Und ich kann mich nicht freisprechen, dass oft mein Selbstwertgefühl oder mein Selbstvertrauen einfach buchstäblich nicht vorhanden ist. Ich hatte Magersucht und habe mich selber so sehr gehasst für das was ich bin, aber hab dabei vollkommen aus den Augen verloren; Ich werde immer da sein! So lange ich lebe! Und vielleicht ist es langsam an der Zeit zu akzeptieren hey ich bin okay so wie ich bin. Might as well sit comfy! Ich bin nicht immer hübsch oder perfekt, aber ich kann nicht 30 Jahre damit verschwenden zu lernen, dass ich mich nur hätte akzeptieren müssen, um alles zu erreichen, was ih mir in den Kopf setzte. Und ich finde diese Art vob Selbstliebe. Wo man wirklich praktisch sein bester Freund wird, egal was man ist oder wer man glaubt zu sein. Und das ist nicht einfach, aber ich finde es ist so erstrebenswert...

Sorry ich bin irgendwie total vom Thema abgekommen :/
Ich hoffe ich konnte dich ein wenig zum Nachdenken anregen und habe dich nicht verschreckt XD tut mir echt leid.
Wenn irgendwas ist, du kannst dich gerne an mich wenden mit Fragen oder Sorgen. Ich warte jetzt erstmal auf deine Antwort ab.

Stay Strong, stay yourself und liebe Grüße
Annika ^^

Annika
Bewerberin Peer-Beraterin
Beratung4Kids
Bewerber sind Personen, die sich als Berater bei Beratung4Kids beworben haben und sich im Auswahlverfahren befinden