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Thema: "Toxische Familienzustände", Identitätsprobleme und am Rande der Verzweiflung

Eröffnet am 10.01.2017 um 20:21 Uhr

miradevin
10.01.2017 20:21
Hallo, wer auch immer sich das gerade durchliest,
ich gebe es zu; mein Titel liest sich wie das Buchcover eines schlechten Ratgebers, doch er spiegelt am Ehesten wider, was ich zu diesem Augenblick erleben (durchleiden) muss. Dazu möchte ich sagen, ich bin neu auf dieser Seite und wusste nicht so recht, in welcher Kategorie ich denn mein(e) Problem(e) - am Besten - zum Ausdruck bringen sollte.
Genug um den heißen Brei herumgetippt.
Kurz zu mir selbst: Ich bin fast 18 Jahre alt, habe die Schule (Oberstufe) abgebrochen (meine Tutorin wollte, dass ich mit einer Psychotherapeutin rede - doch dafür weiterhin in die Schule komme) und bin direkt zum neuen Jahr nun kopfüber ins kalte Wasser gesprungen. Ich schlage mich mit einem Praktikum herum - so weit so schlecht.
Keine Motivation, kein Ziel vor Augen, allem schon so überdrüssig - mir graut es vor der Zukunft. Ich komme mir vor, als wäre ich mit einem Auto (hab keinen Führerschein, wird auch nix) mitten im Nirgendwo in einem Schneesturm gefangen. Whiteout.
Noch dazu - mein Vater ist Schuld an unserer zerrütteten Familie. Meine ältere Schwester kommt nicht mehr, was ich verstehen kann. Vergrault. Ich lebe mit meiner Mutter und ihm in einem Haus - die beiden streiten sich entweder (heftig) oder ignorieren sich und gehen sich aus dem Weg. Mich bezeichnete er in der Vergangenheit - vor vier Jahren - schon als "abartig" - wegen meiner Sexualität (war in meine beste Freundin "verliebt", unerwiderte Liebe und Mobbing seitens meiner ehemaligen Mitschüler, Beleidigungen wie "scheiß Lesbe" usw. --> Ich sei Schuld gewesen; dabei sehe ich mich nicht als homosexuell. Aber halt auch nicht als heterosexuell, naja...), er sei nicht mein Vater, er mag meine Art nicht, will einfach nur seine Ruhe haben. Er will seine Ruhe haben.
Wir sollen doch ausziehen. Er bewegt selbst keinen Finger - macht selten was zu Hause, zieht uns mit in seine Verbitterung hinein, macht uns Vorwürfe, verdreht Tatsachen, droht uns teilweise...
Meine Mutter ist vollkommen überfordert. Sie redet sich ein, dass es ja nichts bringe, auszuziehen, dass wir kein Geld hätten (was vielleicht auch stimmt, ich weiß ja nicht, Miete ist halt teuer und wir müssten dann mit zwei Katzen ausziehen - während der werte Herr Vater allein in einem Haus (!) sitzen bleibt.)
Ich vergrabe mich in meinem Zimmer, übersetze und schreibe, flüchte mich in weite Welten, weit weg... Ich weiß nicht mehr weiter. Ich bin einfach nur so müde, ich will nicht mehr...

Zuletzt editiert am: 10.01.2017 20:35, von: miradevin


Nobody can foretell the outcome. The only thing we're allowed to do is to believe we won't regret the choices we made.
Robin
11.01.2017 20:23
Hallo miradevin,

ich bin Robin und Peer-Berater hier bei B4k.

Das hört sich ja alles nach einem sehr zerstrittenen und nicht mehr richtig regelbarem Familienleben an!
Du schreibst, Dein Vater würde euch mit in Seine Missstände hineinziehen? Darf ich fragen, welche dies sind?
Auch erzählst Du, du wurdest damals "gemobbt", da Du lesbisch/hetero bist? Ist dies jetzt anders?
Wie steht es bei Dir im Kontakt mit Freunden?

Du schreibst auch, Du würdest dich mit einem Praktikum herumschlagen. Was für ein Praktikum machst Du denn?
Keine Ziele zu haben, ist nicht besonders gut, vorallem in Deinem Alter! Gibt es irgendetwas, dass Du besonders gerne machst? Womit Du dich vielleicht auch berfuflich mit anfreunden könntest?

Wie geht Deine Mutter denn insgesamt mit euerer Situation um?
Habt ihr mal überlegt, euch Hilfe zu holen?

Ich freue mich auf Deine Antwort.

Liebe Grüße,
Robin

Robin
Peer-Berater
Beratung4Kids
miradevin
24.01.2017 14:08
Hallo Robin,

tut mir leid, dass ich erst so spät antworte.

Mein Praktikum habe ich vor Kurzem schon beendet, ich war in der Buchhaltung einer Firma, die Elektroteile herstellt und weltweit verschickt. Mir wurde angeboten, eine Ausbildung dort zu machen, als Bürokauffrau, ich habe allerdings nicht zugesagt, weil mir das Interesse gefehlt hat; in einem Büro zu arbeiten ist nicht unbedingt das, was ich mir vorstelle. Zum Teil wegen der Arbeitszeiten an sich und aufgrund der "Inhalte", also dieser Rechnungsverkehr.
Auch wenn ich gerne schreibe, mit Papier umgehe.
Ich würde nach einer Berufsausbildung trotzdem bevorzugt nachts arbeiten, da ich morgens nie gut aus dem Bett komme, ich bin einfach kein Morgenmensch, hatte in der Schule schon teilweise Probleme, weil ich mich selten richtig konzentrieren konnte. Erst nachmittags wurde ich dann "wach". (Wobei das auch an meiner Situation in der Schule damals liegen könnte.)

In der Schule war neben Deutsch Biologie mein Lieblingsfach. Schon oft wurde mir gesagt, dass ich ein Auge für Detail habe und gut im Malen sei. Als Berufswunsch war bei mir von Logopädin bis Konditorin schon so gut wie alles dabei.
Nach der 10. Klasse, meinem MBA, bin ich direkt auf eine andere Schule (Gesamtschule - gymnasiale Oberstufe) gekommen, ergo - ich kannte niemanden. Das hatte natürlich den Vorteil, dass ich von vorne anfangen konnte. Der Nachteil: Meine Selbstzweifel. Mein extrem geringes Selbstvertrauen. Bloß nicht negativ auffallen.

Der Kontakt zu meinen drei Freunden (die einzigen, die geblieben sind) ist irgendwann nach und nach seltener geworden. Jetzt sind diese in Berufsausbildung, in der Abiphase, in Beziehungen. Von den Bekanntschaften, die ich in meiner neuen Stufe geschlossen habe, hat sich einer sehr für mich interessiert. Das habe ich gemerkt. Wir sind dann so etwas wie Freunde geworden. Und auch andere haben das mitbekommen. Eine hat mich nett gefragt >>Was ist denn eigentlich mit dem Großen aus der anderen Klasse? Läuft da was?<<
>>Nein<<, habe ich geantwortet. Und es stimmte auch, ich hatte kein Interesse. Meine Mutter hat mich gefragt, nachdem wir uns ein paar Mal außerhalb der Schule getroffen haben. >>Da ist dir jemand aber nicht abgeneigt. Was ist mit dir?<< Ich weiß das. Wir haben uns sogar geküsst. Aber nein, ich fühle nichts. Habe so etwas wie Bindungsangst, bin angewidert, wenn es um Sex geht, bzw. wenn es mich betrifft. Das ist auch so eine Geschichte.
Ich bin mit Liebe ehrlich gesagt auf Kriegsfuß. Kein Interesse. Macht nur alles kaputt.

Mein Vater ist jahrelang arbeitslos gewesen, jetzt in Rente. Zu sagen was genau mit ihm los ist, wäre nur Spekulation.
Meine Mutter will keine Hilfe holen. Sie meint, damit ergehe es uns nur schlechter; sie hat auch eine miese Vergangenheit mit ihrer Familie, ist in meinem Alter ausgezogen, hat die Schule abgebrochen, hat ein Kind gekriegt (meine Schwester), hat sich geschieden nach einer sehr ungesunden Beziehung... Ja, jetzt ist sie hier. Wird ja wenigstens nicht geschlagen.
Toller Grund, nichts zu machen, finde ich.

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Robin
24.01.2017 19:07
Hallo miradevin,

schön, dass Du dich wieder gemeldet hast.

Über das Ablehnen Deines Ausbildungsangebotes lässt sich streiten.
Ich hätte es angenommen, denn egal, ob Dir ein Job spaß macht oder nicht, an erster Stelle hast Du dann überhaupt etwas!
Jetzt stehst Du weiterhin ohne etwas da. Das macht es noch schwieriger.

Du Schreibst, du hast Dich für Biologie interessiert. Ist das heute auch noch so?
Und wenn ja - versuche doch in diese Richtung zu gehen?

Sich an den Vergangenheiten der Eltern zu klammern ist nicht gut! Ich spreche aus eigener Erfahrung.
Du solltest wenigstens für Dich etwas tun, sodass Du ein gutes Gewissen haben kannst.
Nichts tun ist da keine Lösung und früher oder Später wirst Du etwas tun müssen.

Wie sieht es mit Deinem Kumpel aus? Bekommst Du von Ihm Unterstützung?

Liebe Grüße,
Robin

Robin
Peer-Berater
Beratung4Kids
miradevin
05.02.2017 20:38
Hallo nochmal, Robin,
natürlich kann man darüber streiten, jedoch denke ich, ist es wenig sinnvoll, eine Ausbildung anzufangen, bei der man direkt am Anfang wenig motiviert ist. Das hält man auch nicht drei Jahre aus. Vermutlich könnte man auch währenddessen nach einer anderen suchen und dann wechseln, aber ich weiß nicht... Ich muss demnächst zur Berufsberatung, also wird sich das schon bald erledigen.

Mein Kumpel meint, ich soll mich auf mich konzentrieren, er weiß nicht, was ich machen könnte.
Meine beste Freundin - in die ich vor vier Jahren "verliebt" war, wir haben immer noch Kontakt - meinte letztens im Gruppenchat bei Skype, ich wäre so "kalt" geworden und hat mich gefragt, ob es mir immer noch schlecht geht "deswegen". Ich habe nein gesagt, dann meinte sie, ich sehe nicht gut aus und ob ich krank wäre. Ich habe daraufhin geantwortet, dass das halt das Wetter ist.
Ich bin letztes Jahr schon zum Arzt gegangen und einen Bluttest machen lassen, unter anderem weil meine Mutter sich schon beschwert hat, dass ich so "scheiße" aussehe und Panik geschoben hat, weil ich nicht "richtig essen" würde, im Sinne von zu wenig. (Ich bin seit drei Jahren Vegetarier.)
Daraufhin habe ich einen Termin mit meinem Hausarzt vereinbart, habe meine Mutter mitgenommen, Blut entnommen lassen, Gespräch etc...
Als die Ergebnisse dann da waren, hieß es, dass ich kerngesund sei, keine Mängel jeglicher Hinsicht. Ich habe eben nie besonders gern gegessen, bin 1,54m und wiege 49 kg, also mit dem Gewicht habe ich keine Probleme.
Folglich kann es entweder nur das Wetter sein oder meine innere Unruhe, dass ich so "scheiße" aussehe.
Wenn einem mehrere Personen aus dem näheren Umfeld sowie von außen mitteilen, man sehe irgendwie krank oder müde aus, ist das schon seltsam. *Sprachlos*

Stress zu Hause gibt es bei mir im Moment nicht, meine Eltern haben halt ihre Meinungsverschiedenheiten, aber ich gebe mich damit einfach nicht mehr ab, habe selbst genug Probleme. Meine Schwester hat ein Kind gekriegt, daher liegt der Fokus aller nun darauf.

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Robin
05.02.2017 21:19
Hallo miradevin,

ja, das mit der nicht vorhandenen Motivation in einer Ausbildung, die einem nicht Spaß macht, stimmt auch wieder ...
Ich wünsche Dir, dass Du etwas findest, wo Du dich gut aufgehoben fühlst und Spaß beim Arbeiten hast.

Das es zu Hause keinen Stress in dem Sinne gibt, ist ja gut.
Wie fühlst Du dich als nun jetzige Tante?

Inwiefern sollst Du denn fertig, müde oder kaputt aussehen?

Liebe Grüße,
Robin

Robin
Peer-Berater
Beratung4Kids