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Thema: V. a. Anorexia Nervosa

Eröffnet am 28.06.2017 um 13:40 Uhr

RheaSilva
28.06.2017 13:40
Hallo!
Ich bin froh, endlich auf so eine Seite gestoßen zu sein. Ich fang am besten mal von vorne an.
Ich heiße Laura, bin 21 Jahre alt, 171cm groß und wiege nur noch 45kg.
Vor einem halben Jahr habe ich angefangen, weniger zu essen, weil ich immer öfter Bauchschmerzen hatte, und mir übel war, oder weil mich allein der Anblick von Essen angewidert hat. Ich war nie besonders dick, mein Normalgewicht waren 55kg. Vor drei Wochen allerdings wurde es immer schlimmer, ich konnte nicht einmal mehr zusehen, wie andere vor mir essen. Nach zwei oder drei Tagen überkommt mich dann ein extremes Hungergefühl. Der Appetit fehlt zwar, aber dann schaffe ich es, eine ganze Mahlzeit zu mir zu nehmen. Danach ist mir sehr schlecht, und ich habe Angst, mich zu übergeben. Ich war vor zwei Wochen beim Arzt, weil ich dachte, es hätte physiologische Ursachen, aber mittlerweile bin ich mir ziemlich sicher (so wie auch meine Ärztin), dass es psychosomatisch ist. Sie hat mich daraufhin am Montag zur Psychiatrischen Institutsambulanz überwiesen, wo mich der betreuende Arzt so komplett falsch verstanden hat. Mir wurde Fluoxetin (ein Antidepressivum) und Schlaftabletten verschrieben, was ich sicherlich nicht einnehmen werde, weil ich nicht depressiv bin und die Nebenwirkungen (Übelkeit, Erbrechen, erhöhte Suizidgefahr, Gewichtsabnahme, Verhinderung von Fressattacken) mir überhaupt nicht gelegen kämen momentan. Ebenfalls finde ich es furchtbar fahrlässig, denn mir wurde keine begleitende Therapie angeboten. Stationär gehen will ich nicht, weil ich mir ziemlich sicher bin, dass es meine Situation nur verschlimmern wird.
Meine persönliche Situation ist schwierig. Ich bin in einem Studium, das mich nur herunterzieht und unterfordert, kurzum: in dem ich nicht glücklich bin. Meine Eltern trennen sich gerade, und ich fühle mich verantwortlich für meine drei jüngeren Brüder. Mein Freund wohnt 2h weit weg von mir, und kann da er schon berufstätig ist, schlecht für mich da sein. Jedes Wochenende, an dem ich ihn besuche, fühle ich mich schuldig, meine Brüder und meine Mutter zurückzulassen. Früher konnte ich wenigstens bei ihm noch normal essen, jetzt geht nicht einmal das mehr. Mein Vater hat mich einmal so schlimm bedroht, dass ich gar nicht mehr hier leben möchte. Aber meine Mutter und meine Brüder will ich einfach nicht alleine lassen. Ich hab mittlerweile regelrechte Panikattacken und Angstzustände, die mit dem Nicht-Essen einhergehen. Ich weiß gar nicht mehr, was ich tun soll.

Meine Frage hier ist also: Wie kann ich mich selbst dazu bringen, mehr zu essen? Gibt es irgendwelche Appetitanreger? Irgendwelche Tipps und Tricks, wie ich das alles umgehen kann?
Ich war heute erneut bei meiner Hausärztin, sie hat mich an einen Psychotherapeuten verwiesen. Allerdings gibt es kaum eine Möglichkeit, einen Platz zu bekommen. Gibt es hier vielleicht eine Möglichkeit, als Notfall schneller behandelt zu werden?
Ich habe in der letzten Woche rapide abgenommen, und habe Angst, dass ich bald nur noch 40kg wiege. Ich will nicht krank werden, auf keinen Fall.

Liebe Grüße
Louisa
02.07.2017 11:19
Hallo Laura,

Schön, dass du dich meldest! Ich bin Louisa und Peer-Beraterin bei B4k. Deine Situation hört sich ziemlich kompliziert an: Das Nicht-essen, dein Studium und deine Familie. Warum hat dich Essen auf einmal angewidert? Warst du zu dem Zeitpunkt vielleicht krank (wegen deiner Bauchschmerzen)? Wenn dir dein Studium nicht gefällt, wie wäre es damit aufzuhören und etwas zu machen, was dir Spaß macht? Ich glaube dies würde sich dann auch positiv auf dein Essverhalten ausdrücken. Mit Essen oder Nicht-essen versuchen wir mit unseren Problemen ( in deinem Fall Überforderung und schlechtes Gewissen gegenüber deine Familie) klarzukommen. Daher kommt auch der Sprüche "Mir schlägt was auf dem Magen" oder " Da dreht sich mir der Magen um". In diesem Sachen könnte dir ein Therapeut oder Psychologe hilfreich sein. Warum dir dein Arzt soetwas nicht empfohlen hat, verstehe ich auch nicht. Und bei deiner Familie kann ich dir nur sagen: Du wirst erwachsen und lebst dein eigenes Leben. Klar du möchtest für deine Familie da und eine gute Tochter sein aber dabei darfst du dich und deine Probleme niemals vergessen!
Direkt Dinge zum Appetitt anregen gibt es nicht. Man muss erst die Ursache dafür finden und diese behandeln, damit es besser wird. Was du aber versuchen kannst ist, trotzdem regelmäßig und ausgewogen zu essen. Auch wenn es nur kleine Portionen sind. Damit du und dein Magen sich wieder an das "normale Essen" gewöhnen.

Ich hoffe ich konnte dir damit ein paar Denkanstöße und hilfreiche Tipps vermitteln *Zwinkern* .

Louisa

Louisa
Peer Beraterin
Beratung4Kids
nel
17.07.2017 18:30
Hallo RheaSilva,
Ich hoffe, dass du meine Antwort noch ließt, denn das will ich dir unbedingt mitteilen.
Ich bin 17 Jahre alt und habe, als ich 14 war, ähnlich Probleme gehabt, wie du. Ich wurde (seit der Grundschule) auf meiner Schule gemobbt und fühlte mich alles andere als wohl. Mit der Zeit bekam ich Angstzustände und mein Essverhalten verschlechterte sich. Nicht aber, weil ich abnehmen wollte, ganz im Gegenteil! Ich wollte zunehmen, konnte aber nichts mehr runterschlucken. Da war wie ein Stein in meinem Hals, der es mir erschwert hat, zu essen. Doch nicht nur das. Ich konnte am Ende nicht einmal mehr in die Schule gehen, da ich Adrenalinstöße bekam, als ich in die Nähe der Schule/meinen Klassenkameraden kam. Eine ambulante Therapie hat mir auch nichts gebracht. Nach ein paar Wochen musste ich einen stationären Klinikaufenthalt antreten. Was zunächst für mind. 4 Wochen geplant war, verwandelte sich in 8 Monate. Das war die schlimmste Zeit meines Lebens (da ich meine Eltern nur selten sehen durfte und die Klinik auch alles andere als gut/ nett war). Mir wurde immer "vorgeworfen" ich hätte Anorexie, obwohl ich immer wieder beteuerte, dass ich nicht abnehmen möchte, jedoch glaubte mir das kein Psychiater. Nun, nach diesen Monaten habe ich die Schule gewechselt und (mit einem viel besseren Therapeuten) zurück ins Leben gefunden. Jedoch fand ich nie eine Antwort auf mein damaliges Krankheitsbild. Dieses Jahr hatten wir in Biologie das Thema Stress und Burn-Out. Und als ich das gelesen habe, habe ich, nach Jahren, meine Antwort gefunden: Ich litt unter massivem Druck und Stress. Der Klinikaufenthalt tat mir nur insofern gut, dass ich Ruhe hatte.
Mein Ratschlag an dich: Versuche dein Stresspegel auf ein Minimum zu reduzieren. Das kann auf Dauer sehr gefährlich werden (nicht nur durch das Essverhalten), denn du kannst in ein Burn-Out mit Depressionen und allem drum und dran bekommen und daraus zu kommen ist verdammt schwierig..
Rede mit deiner Mutter. Sag ihr, wie du dich fühlst gegenüber ihr und deinen Brüdern. Dann mit deinem Studium: wenn du dich so unwohl fühlst und so unglücklich bist, dann brich es am besten ab, da kann ich Louisa nur zustimmen. Du wirst sehen, dass dir dann ein großer Stein vom Herzen fällt, wenn du diesen Ballast nicht mehr mit dir führst :)
Versuche außerdem weiter einen Platz bei einem Therapeuten zu suchen. Und ganz wichtig: Gib dabei nicht auf! Es gibt so viele Therapeuten, die einfach nicht zu dir "passen", mit denen du nicht auf einer Wellenlänge bist. Wenn dies der Fall ist, ist eine Therapie ziemlich kontraproduktiv, da ihr beide vlt oft aneinander vorbeiredet.
Solange du auf der Suche bist: Vertraue dich jemandem in deinem Umfeld an, dem du sehr vertraust. Ob es deine Mutter ist, einer besten Freundin, deinem Freund, egal wer, hauptsache du fühlst dich aufgehoben. Und denk nicht: "Oh nein, ich will sie nicht belasten!" Nein. So eine Einstellung ist ganz falsch. Es gibt Dinge in unserem Leben, die wir einfach nicht mehr alleine schultern können. Und sie werden sich bestimmt schon um dich Sorgen machen, also wäre es auch gut ihnen gegenüber gerecht, alles zu erklären, damit geholfen werden kann.

Es ist machbar. Du darfst nur deine Kämpfernatur nicht verlieren. Es kann ein harter Weg werden, jedoch bist du niemals alleine! Und du wirst sehen: wenn du es geschafft hast, wirst du stärker sein. Du wirst mit Dingen in deinem Leben besser umgehen können und wirst auch einiges dazulernen.

Bleib stark, und lass den Kopf nicht hängen!
Ganz herzliche Grüße und wenn du Fragen hast, schreib einfach drauf los, ich versuche dir zu helfen :)
nel