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Thema: Männlichkeit

Eröffnet am 02.09.2020 um 12:35 Uhr

Marc_02
02.09.2020 12:35
Hallo,

ich heiße Marc und bin 18 Jahre alt. In letzter Zeit beschäftige ich mich viel mit dem Thema „Männlichkeit“: Da gibt es ja verschiedenste Ansichten, von sehr radikal bis modern.

Und dabei kommt ein Punkt auch häufig vor: Es wird von manchen Männern als unmännlich angesehen, wenn man sich auf der Toilette hinsetzt. Ich selber setze mich zuhause und bei Freunden hin, einfach weil nunmal unsere Toiletten zum sitzenden Gebrauch konzipiert worden sind ;)
Klar, auf öffentlichen Toiletten oder im Freien pinkle ich im Stehen. Das ist zwar praktisch, aber ich ziehe daraus nicht meine Hauptenergie für meine Männlichkeit... übrigens handhaben es die meisten meiner Freunde auch so.

Was sagt ihr zu dieser Thematik? Ich verstehe Jedenfalls überhaupt nicht, warum pinkeln im Sitzen als unmännlich angesehen werden sollte.

Grüße
Marc
Lukas04
02.09.2020 17:58
Hi,
ich bin 16 und ja, Sitzpinkler gelten nicht als männlich. Aber ich halte es so, dass ich im Sitzen pinkle, wo ich glaube, dass das Klo sauber ist, zu Hause, bei Freunden, etc. In öffentlichen Klos pinkle ich im stehen. Ich sehe es also eher von der praktischen Seite, mir ist es egal, ob mich andere deswegen für männlich halten, oder nicht.

Schönen Gruß
Lukas
Pizzalove
03.09.2020 00:02
Mach doch einfach was und wie du willst und denk nicht darüber nach ob andere dich für männlich halten oder nicht. Was hast du davon wenn auf dem öffentlichen Klo ein Fremder über dich denkt der steht beim pinkeln der ist richtig männlich?
Holger
Teamer(-in) 03.09.2020 09:43
Hallo Marc...

Ich übernehme dieses Thema mal seitens des B4K-Teams ☺
In jedem Fall ist es eine interessante Frage, die Du da stellst!

Die Antworten Deiner "Kollegen" hier aus dem Forum sprechen ja schon für sich.
Und ganz ehrlich... in 58 Lebensjahren habe ich mir darüber selbst nur sehr selten Gedanken gemacht.

Was ist männlich?
Dieses Thema hat sich über die Generationen komplett verändert.
Früher gab es da strikte Vorstellungen. Und auch heute werden Kinder hier und da leider noch nach dem Motto "ein Indianer kennt keinen Schmerz" oder eben auch "echte Männer pinkeln im Stehen" erzogen.
Für mich totaler Blödsinn und ein Hemmschuh bei der Entwicklung einer eigenen Persönlichkeit. Aber das ist meine Meinung.

Heutzutage kann in unserer freien und bunten Gesellschaft Gott sei Dank Jeder selbst entscheiden, was für ihn/sie richtig und gut ist.
Und den Toilettengang aus hygienischen Gründen im Sitzen durchzuführen ist ganz sicher die richtige Entscheidung.
Manche öffentliche Toiletten bilden da allerdings eine Ausnahme, sofern eine der Kabinen aufgesucht wird. Leider herrschen dort oft Zustände, die jedwede Berührungen zwingend auf ein Minimum reduzieren sollten.

Wie gesagt... ein spannendes Thema. Danke hierfür!
Und ich würde mich sehr freuen, wenn hier ein Gedankenaustausch darüber entsteht, an dem sich viele User beteiligen.

Beste Grüße,
Holger

Holger
Teamer
Beratung4Kids
Nicht zu wissen was los ist, ist manchmal schlimmer als die Wahrheit.
loewin
04.09.2020 09:05
Hallo Marc

Ich bin zwar ein Mädchen, aber deine Frage finde ich sehr interessant und habe mir dazu auch ein paar Gedanken gemacht.

Was heißt Männlichkeit? Heute ist es nicht mehr so klar wie früher. Ich habe mich in meiner Nachbarschaft umgehört und die älteren Menschen (die teilweise als Kinder und Jugendliche im Krieg aufgewachsen sind) was für sie früher Männlichkeit hieß und fast alle waren sich einig. Früher was man unter "männlich" verstanden hat hieß Tapferkeit, Kühnheit, Risikobereitschaft, Durchsetzungsvermögen und Beharrlichkeit.

Ich habe die Menschen aus meiner Nachbarschaft auch gefragt was sie früher unter "weiblich" verstanden haben und da waren sie sich auch alle einig gewesen. Früher hat man unter "weiblich" verstanden Nachgiebigkeit, Vergebung, Liebe, Hingabe und Einfühlsamkeit.

Du brauchst mal Mut, du brauchst mal Kühnheit, du brauchst mal Durchsetzungsvermögen, auch mal Risikobereitschaft , Beharrlichkeit. Das wäre dann du lebst in deine Männlichkeit egal ob Mann oder Frau bist. Und manchmal ist es gut die Weiblichkeit zu leben. Ich meine es so mehr die Gefühlsleben, mehr die Hingabe, mehr Liebe und Einfühlsamkeit, eine gewisse Spontanität eine gewisse Nachgiebigkeit, eine gewisse Vergebung. Diese Eigenschaften gibt es auch zu kultivieren. Und dann gibt es Situationen da ist deine Männlichkeit wichtig und andere Situationen ist Weiblichkeit wichtig. Das Prinzip von Männlichkeit und Weiblichkeit das kann man auch auf Erkenntnis verwenden. Oft wird gesagt dass Vernunft und Intellekt, das sind die männlichen Eigenschaften. Intuition und Einfühlungsvermögen das sind die weiblichen Erkenntnismittel.

Oder auch wie kommt man zu Erfolg? Der Mann macht es mit Durchsetzung und Kühnheit die Frau macht es mit Verbindungen knüpfen und mit Harmonie und mit Gemeinsamkeit. Oder wie sorgt man dafür dass es gemütlich wird? Der Mann sorgt für die Technik der sorgt für das Dach über den Kopf und Raum und das der Bau gut ist und die Frau macht die Innenarchitektur und sie bemalt die Wände und sie macht einen schönen Teppich und die schönen Farben das die zusammenpassen usw.
Männlichkeit bei der Kleiderauswahl ist Funktionstüchtigkeit. Für die Frau ist es wichtiger also Weiblichkeit wäre" Passen die Farben? Fühlt es sich gut an ? Wie harmoniert da miteinander?" Beides ist wichtig und beides hat sowohl Mann als auch Frau. Und gerade im heutigen Rollenverständis verschwimmt das ja auch auch Frauen stehen ihren Mann, und auch von dem Mann wird gefordert weiblichere Eigenschaften zu haben.

Was ich dir eigentlich zu verstehen geben möchte ist DU kannst selbst bis zu einem gewissen Grad bestimmen wie du auf etwas reagierst und wie du es gestaltest und dazu gehört auch wie gehst du mit deiner Männlichkeit um wie gehst du deiner Weiblichkeit um? Denk mal darüber nach wie du sein möchtest.

Liebe Grüße
loewin

NIMM dir ZEIT für die Dinge die DICH GLÜCKLICH machen
Marc_02
23.09.2020 18:10
Hallo,
erstmal vielen Dank für all eure Antworten... ich muss zugeben, hinter diesem ersten Gesichtspunkt verbirgt sich einiges:

Jedenfalls hatte ich vom Kindergartenalter bis zum Ende der Unterstufe im Gymnasium einen "besten Freund", eigentlich auch meinen einzigen. Zum Glück hat er in der Oberstufe die Schule gewechselt, aber die Auswirkungen dieser Freundschaft spüre ich erst heute - er hat mich manipuliert, hat mir "verboten", andere Freunde außer ihn zu haben. Kurz um: Ich bin nichts wert, ohne ihm. Ich hatte zwar manchmal ein komisches Gefühl während dieser Zeit, so richtig begriffen habe ich das aber erst, als sich unsere Wege getrennt haben...In der 1. Klasse der Oberstufe hatte ich dann plötzlich Panikattacken, ich wusste gar nicht was mit mir los ist. Ich begann eine Psychotherapie und dabei kam heraus, dass dieser "beste Freund" gegenüber mir auch sexuell übergriffig gewesen ist.

Ich befinde mich noch immer in einer Therapie, da ich starke Zwangsgedanken habe, dass ich unmännlich sei, und sowieso nie eine Freundin bekommen werde. Was mich am meisten nervt, ist der Umstand, dass es mir echt viel Energie kostet, wenn ich mit Jungs in meinen Altersbereich spreche, die ich nicht so gut kenne. Ganz schlimm ist zB. auch das Sehen von einen männlichen Oberkörper, in meinen Körper baut sich da eine Art Panikreaktion auf. Ich bin zwar trotz der Umstände stolz, dass ich zwei männliche Freunde habe, denen ich super vertrauen kann. ich merke jedoch einfach, dass hier einfach mehr Kontakte aufbauen möchte, und selbstsicherer werden möchte. Wünschenswert wäre es, wenn dieser Zwangsgedanke endlich verschwinden würde--

Habt ihr vielleicht einen Tipp, was ich machen könnte? Vor allem benötige ich jetzt wertvolle Energie und Konzentration, da ich in diesem Schuljahr meine Matura (=Abitur) schreiben werde.

Danke und Grüße,

Marc
Holger
Teamer(-in) 24.09.2020 17:44
Hallo Marc...

Und Danke für Deine offenen Worte zu Deiner aktuellen Situation.

Ebenso Danke an "loewin" für die wertvollen Anregungen und Denkanstöße.

Um Genaueres sagen zu können und Dich effektiver zu unterstützen wäre es für mich nun hilfreich, die Erfolge und Themen Deiner Therapie mit zu berücksichtigen.

Wenn Du dafür eine Einzelberatung haben möchtest, kannst Du die jederzeit beantragen.
Schreib einfach meinen Namen mit dazu.

Ansonsten kannst Du natürlich auch hier erzählen, was Dir diese Therapie bislang gebracht hat.

Einstweilen beste Grüße
Holger

Holger
Teamer
Beratung4Kids
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Marc_02
26.09.2020 17:45
Hallo Holger,
die aktuelle Therapie führe ich erst seit ca. 1 Jahr, da ich unbedingt einen Mann als Therapeuten haben wollte. Zunächst haben wir mal allgemeine Stabilisierungsmaßnahmen vorgenommen, das hat die Symptomatik eigentlich schon stark verbessert. Wir haben uns dann auch mit den Reaktionen meines Körpers beschäftigt, die während der Übergriffe stattgefunden haben. Zusätzlich haben wir auch die ganze Systematik der verschiedenen Einrichtungen wie Kindergarten und Schulen beleuchtet, und wie das stattfinden konnte. Seit diesem Sommer ist aber diese enorme Verschlechterung mit diesen Zwangsgedanken, dass ich unmännlich sei, dazugekommen. Da bewegen wir uns gerade. Ganz zentraler Gesprächspunkt sind auch immer meine Beziehungen zu anderen Menschen, da ja auch das Vertrauen eine große Rolle spielt.

Im Moment würde mich echt interessieren, wie ich mich aufgrund der Gedanken besser in der Schule konzentrieren kann, und wie ich eben offener auf andere Jungs zugehen kann, ohne ein unangenehmes Gefühl zu haben. Mir fehlt irgendwie das Gefühl, von diesen akzeptiert und respektiert zu werden.

Danke & Grüße,
Marc
Holger
Teamer(-in) 28.09.2020 10:37
Hey Marc...

Danke für die ausführliche Darstellung!

Ausgangspunkt dieses Themas war ja das Stichwort "Männlichkeit".

Könntest Du denn beschreiben, welchen Einfluss das auf Deine Art des Zugehens auf andere Jungs hat? Womit ich den ganz normalen Umgang meine und nicht bspw. den Sportunterricht, wenn auch eine gewisse "Körperlichkeit" mit ins Spiel kommt.

Fühlst Du dich nicht robust genug, ihnen auf Augenhöhe zu begegnen?
Oder empfindest Du deinen "Ruf" in der Schule schon als schlecht... bzw. wirst auf irgendeine Art gemobbt?

Und dann würde mich auch interessieren, was Deine existenten Freunde ausmacht. Wie sind sie so? Unterscheiden sie sich wesentlich von Anderen, die Du nicht oder nicht gut kennst?

Wie gesagt... wenn Du über "intimere" Dinge reden möchtest, empfiehlt sich parallel auch eine Einzelberatung im geschützten Raum.

Einstweilen beste Grüße,
Holger

Holger
Teamer
Beratung4Kids
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